Barrierefreiheit auf dem Wasser - wie funktioniert das?

In Deutschland gab es zum Zeitpunkt unserer Vereinsgründung kein barrierefreies Segelangebot. Andere Länder, z.B. England, sind deutlich weiterentwickelt. Daher haben wir zu Beginn recherchiert, wie in diesen Ländern gearbeitet wird. 

 

Wir haben uns entschieden, ein Boot des Typs „RS Venture“ einer englischen Firma zu kaufen. Dieses Boot ist mit einem speziell konzipierten „Sailability Kit“ ausgestattet, welcher aktives Segeln für Menschen mit Behinderung ermöglicht. 

 

Zwei Sitze und die Umlenkung aller Leinen zu den Sitzen machen es möglich, das Boot zu segeln, ohne den Sitz zu verlassen. Eine hohe Grundstabilität, zusammen mit der von uns gewählten Konfiguration aus einem schweren Hubkiel und reffbaren Segeln, machen das Boot zudem außerordentlich kentersicher. Die "White Pearl", wie unser Boot getauft wurde, hat sich sehr gut bewährt und wir haben begonnen, es mit Hilfe unserer Erfahrungen technisch weiter zu entwickeln, um die Barrierefreiheit weiter auszubauen. 

 

Mittlerweile haben wir eine zweite RS Venture vom DHH zur Verfügung gestellt bekommen. „Albert“ geht zusammen mit der „White Peal“ auf große Fahrt.

Mit „Kalle Wirsch“ steht eine echte 2.4 mR zum Segeln zur Verfügung. Das ist die bekannte Klasse, die bei den Paralympics gesegelt wird! Es ist anpassbar für jede Behinderung und damit perfekt für unsere Arbeit geeignet. 

 

Darüber hinaus arbeiten wir mit 3 Optimisten, die uns als Förderung überlassen wurden. Optimisten sind die idealen Trainingsboote für Kinder und ermöglichen auch ohne spezielle Ausstattung inklusives Segeln, u.a. auch mit Kindern, die an Land auf einen Rollstuhl angewiesen sind.


Das Flaggschiff - unsere barrierefreie "White Pearl" (Baugleich mit "Albert")

Unsere barrierefreie "White Pearl" im Abendlicht nach der ersten Testfahrt.

Geschichte

Um es Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen, auf Booten zu sein und aktiv mitzuarbeiten, müssen ursprüngliche Ausstattungen angepasst werden. Im Jollenbereich ist intensive Bewegung im Boot erforderlich – Leinen müssen an verschiedenen Stellen des Bootes gezogen und festgesetzt werden, das Ruder muss bewegt werden und verschiedenste Positionswechsel sind erforderlich.

Die Entwicklung der Inklusion als Folge der UNO-Behindertenrechtskonvention hat dazu geführt, dass sich Bootshersteller bereits Gedanken über die Lösung dieser Probleme gemacht haben. Der Verein „Meer bewegen e.V.“ hat sich nach intensiver Recherche dafür entschieden, mit den Booten der Venture-Klasse des Herstellers RS zu arbeiten, der ein spezielles Sailability Kit für diese Klasse entwickelt hat.

 

Das Boot und seine Ausstattung

Bei der Venture-Klasse handelt es sich um eine große Jolle, die theoretisch Platz für bis zu 8 Personen hat. Sie ist mit 3 Segeln ausgestattet – einem Groß, einer Fock und einem Gennaker – die sowohl sportliches Segeln, als auch die Beschäftigung mehrerer Menschen gleichzeitig ermöglichen.

Das von RS entwickelte Sailability Kit, das durch den Verein „Meer bewegen e.V.“ zum ersten Mal in Deutschland verkauft wurde, macht es Menschen nahezu jeglicher (körperlicher) Behinderung möglich, diese Boote zu bedienen. Zu dem Kit gehören zwei Schalensitze und eine umgelenkte Steuerung, deren zentraler Punkt die Steuerhebel ("Joysticks") direkt vor den Sitzen sind. Zudem werden die Leinen zur Steuerung der Segel, sonst an verschiedenen Punkten des Decks zu finden, zu einem zentralen Ort mit Umlenkrollen und –klüsen geführt, direkt zwischen den Sitzen gelegen. Mit diesem Equipment ist es möglich, jeden Aspekt der Bootshandhabung und –steuerung aus den Sitzen und mit minimalem körperlichen Einsatz zu bewältigen.

 

Länge: 4,980 m (16'4 ft)

Breite: 2,030 m (6'8 ft)

Bootsgewicht: 200 kg

Bootsgewicht mit Hubkiel und Bombe: 300 kg

Großsegel: 11,0 m²

Focksegel: 3,8 m²

Gennaker: 14,0 m²

Zusatzausstattung: Sailability-Kit, Trapez-Kit, Staubox, kleinere Segel

 

Sicherheit

Zusätzlich zu dem Sailability Kit wurde die Hubkiel-Version des Bootes gewählt. Das bedeutet, dass statt eines Schwertes eine sogenannte „Bombe“ unter dem Kiel des Bootes hängt, die mit 100 kg Zusatzgewicht dem Boot zu einem tiefen Schwerpunkt verhilft und es zusammen mit dem starken aufrichtenden Moment praktisch kentersicher macht. Die Sitze bieten durch die Schalenform einen sehr guten Seiten halt auch bei stärkerer Krängung.

 

Das Sailability Kit Sitzen, Steuerungshebeln und zentralem Leinenführungselement - in nicht segelfertigem Zustand

Das Sailability Kit unter Benutzung in Fahrt - Steuerung des Bootes mit der linken Hand, Leinenführung über das zentrale Element mit der rechten

"Sonne", "Mond" und "Sterne" - unsere drei Optimisten

Geschichte

Die IMMAC Sailing Academy (http://immac-academy.com/) fördert die Jugendarbeit im Segelsport in gemeinnützigen Vereinen und Schulen, unter anderem durch die Bereitstellung von Optimisten, die jährlich neu vergeben werden. So haben auch wir uns als Meer bewegen e.V. beworben und waren überglücklich, als wir die Zusage für 3 (!) dieser Boote bekamen. Eine schöne Taufzeremonie mit den anderen Vereinen, vielen Opti-kindern, Verantwortlichen der IMMAC und dem Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein fand am 25. September 2015 statt, an dem die Boote auch an die Vereine übergeben wurden. Von uns waren Loreen und Ann-Kesia dabei, die zusammen mit 2 Heranwachsenden unseres Kooperationspartners WSCW e.V. die Boote tauften und bei der "Taufregatta" segelten. Die Boote werden übrigens jedes Mal in dem Schleswiger Werkstätten für Menschen mit Behinderung in Handarbeit gefertigt - Gleichberechtigung, Teilhabe und Inklusion rund herum!

Schon 3 Tage später am Montag konnten sie genutzt werden, da beim wöchentlichen Training mit der Hochfeld-Schule Rendsburg Flaute über dem See lag. So paddelten die Jugendlichen in den Optis, deren großartige Namen "Sonne", "Mond" und "Sterne" sie sich übrigens selbst ausgesucht haben. 

 

Das Boot und seine Ausstattung

Die Optimistenjolle, kurz auch Opti genannt, ist eine kleine Jolle für Kinder und Jugendliche bis ca. 15 Jahre. Der Opti hat sich als das Ausbildungsboot für die Jüngsten weltweit etabliert. Es ermöglicht einen guten Einstieg in den Segelsport, vermittelt Spaß, kann aber auch ambitioniert auf Regatten gesegelt werden. Mit seinen 2,30 m Länge und seinem geringen Gewicht von ca. 45 Kg, ist das Boot auch auf einem Autodach zu transportieren. Das relativ kleine Segel von 3,5 Quadratmetern ermöglicht auch den Kleinsten einen sicheren Einstieg in das Segeln. Durch die große Verbreitung kommen regelmäßig große Regattafelder zusammen und erste Erfahrungen im Wettkampf auf dem Wasser können gesammelt werden. Auch ist der Gebrauchs- und Ersatzteilmarkt sehr vielfältig und ermöglicht mit relativ kleinem Geldbeutel ein tolles Segeln.

Diese Bootsklasse hat keine barrierefreie Ausstattung und wird so seit Jahre gefahren. Aber nachdem der Junge der Hochfeld-Schule, der im Rollstuhl sitzt, schneller im Opti war als wir gucken konnten, war uns klar, dass Barrierefreiheit auch viel aus Willen und Ideen besteht und wir sind froh, diese Boote auch so nutzen zu können. Eben für ALLE, wie es auch unser Motto ist !

"Kalle Wirsch" unsere 2.4mR

Kalle Wirsch ist eine echte 2.4 mR - das Segelboot, das bei den Paralympics gesegelt wird! Es ist anpassbar für jede Behinderung und damit perfekt geeignet für unsere Arbeit.

 

Neu: Jetzt mit Handsteuerung!